Anna Sorokin: Die ganze Wahrheit über die Luxus-Betrügerin & ihre Eltern
Sie wollte ein Leben auf extravaganten Jachten, angesehenen Promi-Partys und in teuren Hotelsuiten: Unter dem Fake-Namen Delvey schlich sich Anna Sorokin in die High Society New Yorks. Wir begeben uns auf die Spuren ihres unfassbaren Betrugs. Was macht Anna Sorokin heute und wie gelang es ihr all diese Menschen zu täuschen?
Sie schuf eine Person die sie nie war. „Es ging mir nie um das Geld“, behauptet Anna Sorokin heute. „Es ging mir um die Macht.“ Vom Tellerwäscher zum Millionär – dieser Weg des amerikanischen Traums schien der jungen Anna Sorokin wohl zu steinig. Stattdessen wählte die Deutsch-Russin aus dem Rheinland ein anderes Motto, um zu den Reichen und Schönen zu gehören: „Fake it til you make it“ („Täusche alle, bis du es geschafft hast!“).
Lange Zeit konnte sie New Yorks Upper Class hinters Licht führen, lebte in Luxushotels, dinierte in den angesagtesten Restaurants, verbrachte sogar Urlaube für mehrere tausend Euro – ohne einen Cent dafür zu bezahlen. Zum Schein schlüpfte sie in eine Rolle, spielte die wohlhabende Tochter einer steinreichen Familie. Sie schuf Anna Delvey, eine reiche Erbin aus Deutschland, sammelte unter diesem Namen ein Vermögen an, um ein angebliches Projekt zu finanzieren. Heute sitzt Anna Sorokin dafür hinter Gittern! Doch jetzt holt Netflix sie mit "Inventing Anna" zurück ins Rampenlicht...
Anna Sorokin wuchs mit ihren Eltern in Eschweiler auf
Anna Sorokin wird in Russland in der Nähe von Moskau geboren. Mit 16 Jahren wandert sie mit ihren Eltern nach Deutschland aus, wohnt ab jetzt im beschaulichen Eschweiler bei Aachen. Dort besucht sie als Tochter einer Hausfrau und eines ehemaligen Tanklastwagenfahrers das Gymnasium, macht ihr Abitur und zieht nach London, um die Kunstschule Central Saint Martins zu besuchen. Doch sie bricht die Ausbildung ab und kehrt nach Deutschland zurück. Anna nimmt einen Job bei einer PR-Agentur in Berlin an, bis sie schließlich ein Praktikum für das französische Mode-, Kunst- und Kulturmagazin „Purple“ in Paris ergattert. Dort ändert sie 2013 plötzlich ihren Namen, nennt sich jetzt Anna Delvey und zieht kurze Zeit später nach New York.
So täuschte Anna Delvey die High Society
In der Stadt, die niemals schläft, fasst Anna Sorokon, mittlerweile Delvey, schnell Fuß, mietet sich in Nobel-Hotels ein, besucht angesagte Partys, macht Luxusurlaube, bucht Privatjets. Sie gibt vor, Millionärstochter reicher Eltern zu sein. Sie erwarte über 60 Millionen Euro aus dem Treuhandfond des Vaters in Übersee, der mal Ölmagnat, mal Diplomat, mal Besitzer eines Solarkonzerns ist. Bis die Summe freigegeben werde, bräuchte sie nur einen Vorschuss für ein Kulturzentrum in Manhattan, dass die angebliche Jungunternehmerin unter dem Namen „Anna Delvey Foundation“ plant. Ein sechsstöckiger Kunstclub, mitten im wohlhabenden Stadtbezirk Gramercy Park mit Pop-up-Stores, Installationen, Restaurants. Mehr Upper Class geht selbst in New York kaum!
Tatsächlich ergattert sie so unter anderem ein Darlehen von knapp 90.000 Euro bei einer Bank. Von dem Geld finanziert Anna Delvey ihr Leben, kauft schicke Accessoires und Kleider, überschüttet Hotelpersonal mit Trinkgeldern. Bezahlt Restaurantbesuche. Alles, um den schönen Schein der gut betuchten Unternehmerstochter zu wahren. Durch ihren extravaganten Lifestyle schöpft niemand Verdacht. Anna Sorokin ist längst ein Teil der High Society. Sie ist auf jedem Event herzlich willkommen. Kennt große Namen, ist mit Unternehmern und Prominenten per du.
Anna Sorokin sitzt ab 2017 im Gefängnis auf Rikers Island
Doch an einem Februar Abend im Jahr 2017 bröckelt Anna Sorokins mühsam errichtete Fassade allmählich. Ein schickes Abendessen im Szene-Restaurant „Sant Ambroeus“ in Soho lässt ihre Freunde zum ersten Mal zweifeln. Als Anna die Rechnung von fast 300 Euro bezahlen möchte, funktionieren ihre Kreditkarten plötzlich nicht. „Der Kellner gab immer wieder Zahlen ein, schüttelte den Kopf, nahm die nächste Karte. Er probierte alle zwölf Karten aus“, so Neffatari Davis, eine junge Frau, die Anna Sorokin persönlich kennt. „Ich habe angefangen zu schwitzen, weil ich wusste, dass ich das jetzt bezahlen muss.“
Doch erst ein Luxusurlaub in Marokko im Mai 2017 lässt die falsche Anna Delvey endgültig auffliegen. Die reiche Hotelerbin lässt ihre Freundin Rachel, eine Redakteurin der "Vanity Fair" auf einer 62.000 Euro Rechnung sitzen. Drei Monate nach der Reise erstattet Rachel Anzeige bei der Polizei und Anna Sorokin wird festgenommen. Zwischen Oktober 2017 und Mai 2019 sitzt sie in Untersuchungshaft auf Rikers Island, dem härtesten Gefängnis von New York. Einen Deal mit der Staatsanwaltschaft schlägt Anna aus, sie hält sich weiterhin für unschuldig. Im Mai 2019 wird die angebliche Hotelerbin schließlich zu einer Freiheitsstrafe von vier bis zwölf Jahren sowie einer hohen Geldstrafe verurteilt.
Was macht Anna Sorokin heute?
Kaum zu glauben: Heute ist Anna Sorokin wieder auf freiem Fuß - zumindest kurzzeitig! Am 11. Februar 2021 wurde die Hochstaplerin nach 20 Monaten Haft wegen „guter Führung“ auf Bewährung entlassen. Und was tat Anna als Erstes? Sie spielte ihr Betrüger-Spiel munter weiter! Unfassbar, aber wahr: Nach ihrer Haftentlassung checkte die Verurteilte in ein Fünf-Sterne-Hotel in New York ein, reaktivierte ihr enttarntes Hochstapler-Profil und meldete sich auf Social Media zurück! Anfang April 2021 wurde Anna Sorokin erneut festgenommen, nachdem ihr Visum abgelaufen war. Um die Abschiebung nach Deutschland zu verhindern und Zeit zu gewinnen, beantragte sie zuletzt Asyl in den USA. Zum Zeitpunkt der Erscheinung der Netflix-Doku im Februar 2022 befand sich Anna Sorokin weiterhin in Haft. Trotzdem dauert es nicht allzu lange, bis wir wieder von ihr zu hören bekommen.
Anna Sorokin verkauft heute Kunst aus dem Knast
Immerhin ist Anna Sorokin im Netz längst ein Star. Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland sorgte ihre Netflix-Biografie "Inventing Anna" für Aufsehen. Laut "Stern" kassierte die falsche Erbin von dem Streaminganbieter ganze 320.000 Dollar für die Verfilmung ihrer Lebensgeschichte. Davon ist nach einer Entschädigungszahlung und ihren Anwaltskosten allerdings nicht mehr viel übergeblieben. Um ihre leeren Kassen zu füllen ist Anna Sorokin kein Mittel zu schade, so hat sich die falsche Millionenerbin bereits im Gefängnis auf die Suche nach neuen Einnahmequellen gemacht. Die Rede ist bereits von einem Dokumentarfilm, einem Buch und einem Podcast, doch erstmal macht sich die Schwindlerin ihren unverdienten Ruhm zu Nutze. Aus dem Gefängnis heraus verkaufte Anna Sorokin kürzlich ein selbstgemaltes Bild für einen fünfstelligen Betrag. Ihr finanzieller Erfolg hat ihr erneut Höhenwasser verschafft! Der neuste Zapfenstreich: Aktuell plant Anna vom Knast aus eine Kunstausstellung – und zwar mit ihren eigenen Werken! Und das obwohl die Deutsch-Russin mit Kunst bislang nichts am Hut hatte. Tja, dafür beherrscht Anna Sorokin eindeutig die Kunst anderen Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen...