ESC 2025:"Espresso macchiato" polarisiert – holt Estland sich den Sieg?
"Espresso macchiato" ist voller Italo-Klischees, Electro-Beats und einem Hauch Wahnsinn. Gewinnt Estland so den ESC?

Der estnische Rapper ist seit längerem in der Musikbranche tätig.
© IMAGO / ZUMA Press Wire
Beim diesjährigen Eurovision Song Contest in Basel sorgte Estland für einen der schillerndsten, provokantesten und gleichzeitig unterhaltsamsten Momente des Abends. Verantwortlich dafür: der estnische Ausnahmekünstler Tommy Cash mit seinem Beitrag "Espresso Macchiato" – eine Performance, die nicht nur Koffein, sondern auch jede Menge Gesprächsstoff lieferte.
Tommy Cash: Ein Auftritt wie ein doppelter Espresso
Schon mit dem ersten Takt war klar: Das wird kein gewöhnlicher ESC-Song. Statt gefühlvollem Balladenschmelz oder tanzbarem Pop erwartete das Publikum eine wilde Mischung aus Electro-House, Italo-Parodie und dadaistischem Humor. Tommy Cash, bekannt für seine eigenwillige Ästhetik und ironischen Grenzgänge, setzte voll auf Exzentrik – mit einer Inszenierung, die irgendwo zwischen Ristorante-Werbespot, Clubnacht und Theaterperformance pendelte.
Mit kunstvoll überzeichneten Phrasen wie "mi amore", "por favore" und dem bereits jetzt kultverdächtigen "life is like spaghetti" karikierte Cash liebevoll italienische Klischees – ohne sie dabei je bloßzustellen. Die Bühnenkulisse? Ein surrealer Mix aus Espressomaschine, Barock-Deko und tanzenden Baristas. Das Ergebnis: ein Augenschmaus, der das Publikum von Anfang an fesselte.
Kritik? Tommy Cash bleibt cool
Natürlich blieb eine solche Darbietung nicht ohne Reaktionen – vor allem aus Italien. Einige Politiker fühlten sich auf den Schlips getreten und forderten sogar, Estland vom Wettbewerb auszuschließen. Doch Tommy Cash reagierte gelassen. In einem Interview betonte er, dass er die Reaktion übertrieben finde und die Italiener nicht beleidigen hätte wollen: "Ich liebe Italien. Ich liebe die Menschen. Sie ziehen mich an, weil sie so leidenschaftlich sind."
Seine entspannte Haltung und der offensichtliche Humor hinter der Performance machten es schwer, ihm Absicht oder Respektlosigkeit zu unterstellen. Vielmehr wirkt "Espresso Macchiato" wie eine schrille Liebeserklärung an das Lebensgefühl südlich der Alpen – mit einem Augenzwinkern, das nicht spaltete, sondern verband.
Obwohl der Beitrag polarisiert, war der Erfolg auf ganzer Linie sichtbar: Estland qualifizierte sich souverän für das Finale – und das mit einem Song, der in keine der üblichen ESC-Schubladen passt. Tommy Cash bewies, dass der ESC mehr ist als ein Gesangswettbewerb – nämlich auch ein Ort für Kunst, Satire und kreative Grenzüberschreitungen.